Wie könnte Österreichs Industrie unter der Bedrohung von Klimakrise, Ukrainekrieg und Ressourcenknappheit energieautark werden?
27 zusätzliche Terawattstunden grüne Energie müsste Österreich produzieren, um vom Erdgas loszukommen und seinen Strombedarf bis 2030 bilanziell klimaneutral zu decken. Alle zwei Minuten müsste dafür eine PV-Anlage ans Netz gehen, alle drei Tage ein Windrad aufgestellt und alle zwei Monate ein Wasserkraftwerk in Betrieb genommen werden – acht Jahre lang. Durch den russischen Angriff auf die Ukraine hat sich dieser Zeithorizont allerdings stark verändert. Österreich möchte nun am liebsten sofort aus Erdgas aussteigen. Diesem Wunsch zum Trotz ist das Ziel noch nicht zum Greifen nahe. Doch auch wenn die Voraussetzungen schwierig sind: Wie könnte Österreichs Industrie unter der Bedrohung von Klimakrise, Ukrainekrieg und Ressourcenknappheit energieautark werden? Welche Hürden müsste sie überwinden? Und was hindert sie daran?
Dass es mit der Autarkie nicht so leicht gesagt ist wie getan, bestätigt unter anderem auch Christoph Heinzel, in der Heinzel Group für die Energiebelange zuständig und CEO der auf grüne Energie spezialisierten Heinzel Energy: „Wenn von heute auf morgen das Gas abgedreht wird, wäre das für viele Betriebe in Österreich fatal. Der Energieverbrauch vieler Industriezweige ist so hoch, dass eine komplett CO2-freie Produktion bis 2030 einfach nicht funktionieren wird.“
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Heinzels Urteil wiegt in diesem Kontext besonders schwer, denn er lebt davon, Unternehmen auf grüne Energie umzurüsten. Ein sturer Vertreter der fossilen Lobby ist Heinzel daher ganz sicher nicht.
Das wirtschaftspolitische Umfeld treibt den Wunsch nach Energieautarkie massiv an. Matthias Unger spricht die Wahrheit ohne große Schnörkel aus: „Ich rate niemandem dazu abzuwarten, bis die Material- und Energiepreise fallen, denn das werden sie in absehbarer Zeit nicht tun. Dazu ist die Nachfrage viel zu groß.“
Als CEO und Eigentümer der Unger Steel Group bekommt Unger tagtäglich mit, wie dringend für seine Kunden auf einmal der Wunsch nach Energieunabhängigkeit geworden ist: „Es gibt inzwischen kaum Unternehmen, für die wir nicht eine Photovoltaik-Anlage einplanen.“ Der Run auf grüne Lösungen freut auch Christoph Heinzel. Zugleich konstatiert er aber gerade bei jenen, denen es plötzlich mit dem Ausstieg aus der fossilen Energie gar nicht schnell genug gehen kann, ein veritables Maß an Ahnungslosigkeit. Dazu zählt er auch die Vorstellung, dass jede Anwendung an jedem Ort der Welt mit etwas gutem Willen sofort fossilfrei gemacht werden könnte. Als Gegenbeispiel bringt er die zur Heinzel Group gehörende Papierfabrik Laakirchen. Das in direkter Nachbarschaft gelegene und von Heinzel betriebene Kraftwerk Danzermühl beliefert die Fabrik mit Strom. Unter Volllast ist man in der Lage, beträchtliche zehn Prozent des Energiebedarfs der Papierfabrik zu decken. „Doch mehr geht nicht. Selbst wenn ich kaskadiere und zehn Staustufen hintereinander baue, was natürlich gar nicht möglich ist, hätte ich in Niedrigwasserphasen immer noch ein Problem.“ Dann sei man aber in einer Speicherdiskussion, die leider ebenfalls viel zu oberflächlich geführt werde.
Christoph Heinzel: komplett CO2-freie Produktion bis 2030 wird bei vielen einfach nicht funktionieren
Viele Industrieunternehmen sind schon heute nahezu autark – oder zumindest fossilfrei. Das Geschäft von Austrocel braucht richtig viel Energie. An seinem Standort in Hallein produziert das Unternehmen Zellstoff aus Sägerestholz. Energie braucht es dabei vor allem, um den Rohstoff zu zerkochen, bleichen und zu trocknen. Trotz seines immensen Energiebedarfs ist Austrocel in Summe aber ein Energielieferant, wie Franz Dieterich, Leiter der Werksversorgung, erläutert: „Wir produzieren einen Überschuss von 100 GWh Wärme und 100 GWh Strom. Damit können wir etwa 30.000 Haushalte mit Strom und etwa 12.000 Haushalte mit Fernwärme versorgen.“
Solange die Produktion läuft, ist das Werk auch völlig energieautark. Lediglich zum Anfahren nach einer Panne oder nach Inspektionen ist Erdgas nötig. „Dieses Erdgas macht aufs Jahr gerechnet allerdings gerade einmal ein Prozent unseres Brennstoffverbrauchs aus“, betont Dieterich. Und selbst da arbeite man bereits daran, auch dieses eine Prozent durch eine fossilfreie Alternative zu ersetzen. Im Infineon-Werk in Villach ist der Erdgasanteil an der Gesamtenergieversorgung ähnlich wie bei Austrocel minimal. Rund 85 Prozent jener 300 GWh, die hier pro Jahr verbraucht werden, kommen aus grünem Strom, weitere zehn Prozent entfallen auf Fernwärme, die von der Kelag geliefert wird.
Auf Erdgas angewiesen ist Infineon allerdings für die Abgasreinigung. Das dafür benötigte Erdgas mache zwar nur rund drei Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in Villach aus, sei aber unverzichtbar, wie COO Thomas Reisinger betont:. „Können wir die Abgase nicht reinigen, müssen wir die Produktion anhalten.“
Im Vergleich zu Unternehmen wie Infineon oder Austrocel braucht die Greiner AG für ihre Produktion wenig Energie. „Wir sind nicht besonders energieintensiv, aber auch wir brauchen Strom. Wenn die Versorgung von einem Tag auf den anderen ausfallen würde, wäre das daher auch für uns ein großes Problem“, sagt Stefan Grafenhorst, Head of Sustainability & Corporate Affairs bei Greiner. Weshalb sich das Unternehmen bemüht, zumindest ein Stück unabhängiger zu werden und demnächst rund 40.000 Quadratmeter ihrer Dächer mit Paneelen bestücken will.
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Geht es allerdings darum, in einem größeren und globalen Maßstab von Erdgas unabhängig zu werden, sieht man bei Greiner die Stromproduktion nicht als den entscheidenden Punkt. Viel gewichtiger sind die Emissionen, die durch das vom Unternehmen verwendete Material verursacht werden: durch Kunststoff, der sowohl in der Produktion als auch in der Entsorgung einen sehr großen CO2-Eintrag verursacht. „Geht es darum, den globalen CO2-Fußabdruck von Greiner zu verringern, sehen wir den größten Hebel daher darin, von erdölbasierten Primärmaterialien wegzukommen und stattdessen noch stärker Sekundärmaterial zu nutzen“, sagt Grafenhorst.
Dass Unabhängigkeit und Klimaschutz mehr meinen als eine unabhängige und fossilfreie Versorgung des eigenen Werks mit Energie, findet auch der Infineon-Vorstand Thomas Reisinger und verdeutlicht das anhand von Wasserstoff. Schon bald wolle Infineon in Villach grünen, vor Ort produzierten Wasserstoff nutzen und damit auch die Versorgungsunabhängigkeit des Werks weiter steigern, wie Reisinger ausführt: „Die dafür benötigte Elektrolyseanlage wird im Spätsommer 2022 realisiert.“
Wegen des Ukraine-Kriegs den Energiebedarf senken? Da muss Johann Marchner schmunzeln. Schon seit Jahren, erzählt der CEO von Wienerberger Österreich, setze man Maßnahmen, die der Energieeffizienz dienen würden: „Wir haben lange vor der Ukraine-Krise und auch lange vor dem aktuellen Bau-Boom begonnen, unsere Emissionen und unseren Energiebedarf zu reduzieren. Bis 2030 werden wir unseren CO2-Ausstoß um 40 Prozent senken.“ Ebenso wichtig sei es aber, die Produktion so zu gestalten, dass für jeden Ziegel nur so viel Material wie nötig verwendet werde. Denn Rohstoffe sind für die Hälfte der Emissionen von Wienerberger verantwortlich, auf Energie entfällt die andere Hälfte. In Zukunft seien auch hier markante Verbesserungen angestrebt, erzählt Marchner. „Neben Wasserstoff kann auch eine vollständige Elektrifizierung eine Lösung sein, um den Einsatz von Gas zu eliminieren.“ Nüchterner Nachsatz: „Die viel schwierigere Frage ist aber, woher der grüne Strom für die Elektrifizierung kommen soll.“
An neuen Prozessen wird auch in Ried im Innkreis bei Wintersteiger getüftelt. Zu den ganz großen Energieverbrauchern gehört das Unternehmen zwar nicht, vor allem die Blechbearbeitung sorgt aber für einen stetigen Bedarf an Strom. Gas als Energieträger habe Wintersteiger inzwischen über weite Strecken ersetzen können, wie Helmut Heftberger, General Manager Operations, erklärt. Bis auf die Pulverbeschichtung, wo man eben doch noch Gras braucht, um die nötige Prozesswärme von rund 200 Grad Celsius zu erreichen: „Wir prüfen aber, wie wir diesen letzten Gasanteil, es sind ungefähr 10 Prozent, auch ersetzen können.“ An diesem Punkt kommt auch bei Heftberger ein ziemlich gewichtiges „Aber“. Fast wortgleich wie Wienerberger-CEO Marchner merkt er an: „Die entscheidende Frage ist, wie die Industrie zu ausreichend grünem Strom beziehungsweise grüner Energie kommt. Für uns wären da zum Beispiel Hackgutheizwerke oder Anlagen, die Biogas produzieren und in der Nähe unseres Standorts gelegen sind, eine interessante Idee.“
Es gibt freilich Branchen, für die auch zehn Hackgutheizwerke in der unmittelbaren Nachbarschaft noch nicht den Weg zur Energieautarkie ebnen, Stahlproduzenten etwa oder Papierhersteller. Kurt Maier, COO bei der Heinzel Group und zugleich Präsident von Austropapier, der Vereinigung der Österreichischen Papierindustrie, kennt die Herausforderungen, denen sich solche Unternehmen gegenübersehen, gut.
„Eine Papierfabrik kann man derzeit nicht ohne Gas betreiben“, sagt Maier. „In der Vergangenheit wurden Strom und Dampf aus Kohle oder Erdöl gewonnen. Verglichen damit ist Erdgas ein riesiger Fortschritt, weil es eine viel größere Energiedichte hat und viel sauberer ist.“ Natürlich wäre Wasserstoff aus grüner Energie noch besser, gesteht er. Doch dann kommt auch von ihm der unvermeidliche Verweis auf die dazu nötigen, aber nicht existierenden Voraussetzungen: „Ehrlich gesagt sehe ich im Moment gar nicht die Mengen an grünem Strom, den man dazu nützen könnte, um Wasserstoff zu erzeugen.“
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Und die ganz großen Verbraucher wie etwa eine voestalpine, die allein an den österreichischen Standorten Linz und Donawitz jährlich rund 30 TWh Energie verbraucht? Können sich auch solche Riesen aus der Abhängigkeit von russischem Erdgas und später von fossiler Energie überhaupt lösen?
An entsprechenden Lösungen werde geforscht, wie Hubert Zajicek, Vorstandsmitglied bei der voestalpine und Leiter der Steel Division, betont: „Konkret planen wir in einem ersten Schritt den sukzessiven Umstieg von der kohlebasierten Hochofentechnologie auf grünstrombetriebene Elektrolichtbogenofentechnologie. Bereits Anfang 2027 gehen je ein Elektrolichtbogenofen in Linz und in Donawitz in Betrieb. Langfristig streben wir eine CO2-neutrale Stahlproduktion auf Basis von grünem Wasserstoff an.“ Die könne es freilich nur geben, wenn Strom aus erneuerbarer Energie in ausreichender Menge und zu wirtschaftlich darstellbaren Preisen vorhanden sei. Aktuell aus russischem Erdgas auszusteigen, sei für die Stahlindustrie hingegen ein Unternehmen, das zum Scheitern verurteilt sei. Im Gegensatz zu russischer Kohle lasse sich russisches Erdgas hingegen nur sehr schwer substituieren: „Für europäische Stahl- hersteller gäbe es nach Verbrauch der überschaubaren Lager kurz- und langfristig keine Alternativen. Stillstände wären die Folge.“
Entsorgung bzw. Recycling gehören ebenso zum Lebenszyklus eines Erzeugnis. Bei Nachhaltigkeit darf es deswegen nicht rein um die Produktion gehen.
Eine nachhaltige Produktion hält ihren Verbrauch an Ressourcen und Flächen, sowie ihren Schadstoffausstoß und ihre Abfallproduktion gering. Da das in vielen Fällen leichter gesagt ist als getan, liegen viele Herausforderungen auch im Bereich der Forschung und Entwicklung.
Beachtet werden muss auch, dass sich eine nachhaltige Produktion nicht nur auf den Herstellungsprozess beziehen sollte, sondern auf den gesamten Lebenszyklus eines Erzeugnis. Das bezieht also auch die Beschaffung von Rohstoffen auf der einen Seite der Fertigung ein, als auch den Vertrieb, die Produktnutzung und die Entsorgung (bzw. das Recycling) auf der anderen Seite.
Nachhaltigkeit in der Produktion kann auch für die Unternehmen selbst Vorteile bringen. So können eine verbesserte Energieeffizienz und Materialeffizienz Kosten im großen Stil sparen.
Da das Bewusstsein für Nachhaltigkeit allgemein steigt, können Produkte entsprechender Unternehmen für Endkunden attraktiver wirken, was einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Betrieben ergeben kann.
Ein Unternehmen kann nur an seiner Nachhaltigkeit arbeiten, wenn es über bestimmte Kennzahlen Bescheid weiß. Mehrere Bereiche können analysiert werden:
Kreislaufwirtschaft – oft unter dem Begriff Circular Economy verwendet – beschreibt ein regeneratives System. Sie ist damit das Gegenteil von Linearwirtschaft oder Wegwerfwirtschaft.
In der Kreislaufwirtschaft sollen weniger Energie und Ressourcen verbraucht, und gleichzeitig weniger Abfall und Emissionen produziert werden. Um das zu erreichen, werden Energie- und Materialkreisläufe geschlossen bzw. verlangsamt oder verringert.
Beispielsweise kann bereits während der Konstruktion Langlebigkeit im Fokus liegen. Weiters sind Instandhaltung und Reparatur wichtige Faktoren, um einerseits weniger Abfall zu produzieren, andererseits den Ressourcenverbrauch so gering wie möglich zu halten.
Eine weitere Möglichkeit ist die Wiederverwendung oder ihr verwandte Begriffe wie Refurbishing oder Remanufacturing. Die oftmals letzte Möglichkeit, einen Kreislauf zu schließen, ist das Recycling.
Viele technische und technologische Entwicklungen machen den Übergang in die Nachhaltigkeit möglich bzw. einfacher. Dazu zählen unter anderem:
Agrana, Kaposvár: Biogas für die Zuckerrübe So kann erneuerbare Energiegewinnung aussehen: In der ungarischen Agrana-Zuckerfabrik in Kaposvár befindet sich eine der größten Biogasanlagen Europas, welche erstaunliche rund 70 Prozent des Primärenergiebedarfs der Zuckerrübenverarbeitung durch eigenes Biogas abdecken kann. Agrana hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2040 CO2- neutral zu produzieren.
KTM, Munderfing: Mietoption für Photovoltaik Interessenten können sich auf der Dachfläche des KTM-Logistikzentrums in Munderfing einmieten, damit hier eine Photovoltaikanlage in der Größe von 40.000 Quadratmetern errichtet werden kann. Diese Anlage ist für die Stromeinspeisung in das öffentliche Netz ausgelegt und wird bis 2022 in insgesamt drei Bauabschnitten realisiert – sie dient als Energiequelle mit einer Gesamtleistung von elf Megawatt. Das ergibt in Summe eine nach- haltige Energiemenge von 3,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. In der Endstufe kann die Anlage ca. 2.000 Haushalte versorgen.
Amag, Ranshofen: Flächen für Sickerwasser Ein Beitrag zur Neubildung von Grundwasser in der Region: Drei Millionen Euro investierte der Aluminiumkonzern Amag in ein nachhaltiges Regenwassermanagement. Rund vier Hektar Versickerungsfläche stehen zur Erhaltung des natürlichen Wasserkreislaufes zur Verfügung.
BMW Motoren Steyr: Späne-Recycling Im Werk Steyr fallen jährlich rund 6.000 Tonnen Aluminium-Späne an – in allen Hallen der mechanischen Fertigung. Täglich verlassen etwa 15 LKW-Mulden das Werk. Hier kommt zirkuläres Wirtschaften zum Tragen: Die Späne werden von der Logistik im Werk Steyr fakturiert, einer Aluschmelze übergeben und von dieser in Form von Flüssig-Alu an das BMW Group Werk Landshut geliefert. Von dort kommen die Roh-Gussteile wieder ins ober- österreichische Werk.
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Infineon, Villach: Stromsparen durch Abwärme Industrie 4.0 und Energieeffizienz gehen bei Infineon seit 2009 Hand in Hand. Durch die digitale Vernetzung von Anlagen, Prozessen und Systemen, die Ausstattung mit smarten Sensoren, Regelgeräten, Smart Metern, LED-Beleuchtung und die intelligente Wärmerückgewinnung wird der Energie- und Ressourcenverbrauch reduziert. Rund 80 Prozent des Wärmebedarfs am Standort werden durch intelligente Nutzung der Abwärme aus dem Kühlsystem der Fertigung gedeckt. Seit 2013 wurden insgesamt 52 Gigawattstunden an Wärme und Strom gespart.
Innio, Jenbach: Rundum grün
Der frische Grünton der Jenbacher Gasmotoren von Innio symbolisiert nicht nur die Impuls- und Innovationskraft des Tiroler Unternehmens, sondern auch seinen Beitrag zu einer kli- maneutralen Energiezukunft. Denn die brennstoffflexiblen Motoren können neben Erdgas und zahlreichen erneuerbaren Gasen auch mithilfe von wasserstoffbasierten Gasen umweltfreundlich Energie erzeugen und punkten weiters mit Höchstwerten bei Effizienz und Emissionsreduktion. Für seinen erfolgreichen Nachhaltigkeits-Kurs wurde Innio Jenbacher von Eco-Vadis mit einer Silber-Medaille für das Jahr 2021 ausgezeichnet.
Blum, Dornbirn: Wärmebedarf über Fernwärme gedeckt 2020 konnte der Beschlägehersteller Blum im Werk 7 in Dornbirn fast 22 Prozent des Wärmebedarfs über den Fernwärmeanschluss decken. Das entspricht einem Heizenergiebedarf von 14 Haushalten und 86 Tonnen eingespartem CO2. Die restliche Wärmeenergie bezieht der Beschlägehersteller aus der Abwärme der eigenen Produktion.
Rath, Krummnußbaum: Solarenergie für den Eigenverbrauch
Im niederösterreichischen Werk Krummnußbaum des Feuerfestherstellers Rath ging ein Photovoltaik-Kraftwerk – errichtet auf den Dächern der Werkshallen – in Betrieb. Es erzeugt jährlich rund 700 Megawattstunden, wodurch rund 20 Prozent des täglichen Strombedarfs mit Solarenergie gedeckt werden können. Weiters werden somit die CO2-Emissionen um rund 350 Tonnen pro Jahr reduziert. Etwa 97 bis 99 Prozent der jährlichen Stromproduktion aus diesen beiden Eigenverbrauchsanlagen werden künftig unmittelbar im Werk Krummnußbaum verbraucht.
Rosenbauer, Leonding: Photovoltaik für Leonding 1 Schon heute werden alle Rosenbauer-Standorte in Österreich und Deutschland ausschließlich mit Grünstrom versorgt und der Anteil an Grünstrom konnte zuletzt auf 65,9 Prozent konzernweit gesteigert werden. Zusätzlich sind einige Standorte wie etwa jener im Leonding Werk 1 mit einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet. Durch die Leistung der bereits vorhandenen Anlagen werden 4,2 Prozent des Gesamtstrombedarfes des Konzerns gedeckt.
Die Rosenbauer-Konzernzentrale in Leonding – Werk 1 besitzt eine Photovoltaikanlage.
Um die langjährige Verbindung zwischen dem Saubermacher und dem Biopharmaunternehmen Takeda zu stärken, übergab Saubermacher Insektenhotels an Takeda. Sie sollen an Betriebsgeländen in Wien eine neue Herberge für fleißige Bestäuber und allerlei Nützlinge sein.
„Auch mit kleinen Schritten setzen wir ein Zeichen der Nachhaltigkeit und leisten einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz“, sagt Hans Roth, Gründer und Aufsichtsratsvorsitzender von Saubermacher. Seit Jahren engagiert sich der steirische Entsorgungsbetrieb an eigenen Standorten und betreibt mehrere Bienenstöcke, Wildblumenwiesen und sogar einen Energiewald.
Karl-Heinz Hofbauer, Leiter der Takeda Produktionsstandorte in Wien, bestätigt: „Bereits 2020 haben wir bei Takeda den wichtigen Schritt der CO2-Neutralität erreicht und streben für 2040 die völlige CO2-Emissionsfreiheit an.” Bei Müllvermeidung, -trennung und -wiederverwertung habe man mit Saubermacher einen langjährigen Partner gefunden, sagt er.
Wie notwendig sind Maßnahmen? Ist nicht bereits alles durch kleine Beiträge da und dort sehr nachhaltig?
Kleine Beiträge sind zwar auch wichtig, die CO2-Emissionen der österreichischen Industrie sind aber immer noch im Steigen begriffen. 2021 kletterten sie nach Berechnungen der EU-Kommission um 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 30,3 Mio. Tonnen gestiegen. Das große Plus war auch auf die Rückkehr der Industrie zum Normalbetrieb nach Corona-Pausen zurückzuführen.
Laut Christoph Badelt, ehemaligem WIFO-Chef und Rektor der Wirtschaftsuniversität Wien seien die Entwicklungen zwar erwartbar gewesen, aber dennoch enttäuschend. „Wir stehen auch in Österreich vor veritablen Umweltproblemen. Der Lebensstil, den wir hierzulande pflegen, lässt sich nicht auf die ganze Welt übertragen. Dafür gibt es weltweit nicht genug Ressourcen." Ein ungebremster Klimawandel würde nicht nur fatale Folgen für künftige Generationen haben, sondern auch Unternehmen bedrohlichen Risiken aussetzen.
Nachhaltigkeit ist also das Gebot der Stunde. Wie diese erreicht werden solle, sei aber in vielen Fällen noch offen. Laut Werner Hoffmann, Partner bei EY-Parthenon und Leiter des Instituts für Strategisches Management an der Wirtschaftsuniversität Wien, wird aktuell versucht, vieles über die regulatorischen Rahmenbedingungen zu erwirken.
„Über Regulatorik alleine werden wir die Nachhaltigkeits- und Klimaziele aber sicher nicht erreichen“, befürchtet er. Viel wichtiger sei es, das richtige Umfeld für Innovation zu schaffen. „In Zukunft kann profitables Wachstum nur durch nachhaltige Geschäftspraktiken, Produkte und Geschäftsmodelle erzielt und legitimiert werden. Der zentrale Hebel für Nachhaltigkeit ist Innovation, nicht Regulatorik.“
Nachhaltigkeit als Teil der Unternehmensstrategie. Wie das geht, erklärt eine Expertin von Roland Berger.
Der Weg zu einer nachhaltigen Unternehmensführung und damit zu einem nachhaltigen Wirtschaften müsse primär über technologischen Fortschritt und Geschäftsmodellinnovationen beschritten werden. Nur durch nachhaltige Geschäftspraktiken, Produkte und Geschäftsmodelle könne in Zukunft profitables Wachstum erzielt und legitimiert werden.
Hoffmann führt dazu weiter aus: „Was wir dringend benötigen, ist eine Welle der Kreativität und Innovation, die es ermöglicht, dass eine wirtschaftlich erfolgreiche Entwicklung und Wachstum von Unternehmen zum Vorteil und unter aktiver Einbindung aller relevanten Stakeholder bei Entkopplung vom Verbrauch nicht nachwachsender Rohstoffe und Emissionen möglich wird. Zu vermeiden gilt es, dass die aufkeimende Innovationsdynamik durch eine überbordende Regulierungsflut und Bürokratisierungswelle erstickt wird.“
Klar ist in diesem Zusammenhang auch: Diese Innovation wird Geld kosten. Und zwar mindestens 170 Milliarden Euro bis 2030 allein in Österreich. Daraus ergebe sich laut Badelt ein jährliches Investitionsvolumen von 16 bis 17 Milliarden Euro. Ein hoher Kapitalbedarf zur Reduktion der eigenen Treibhausgasemissionen für viele Unternehmen ist die Folge.
Der Ökonom sieht damit auch große Chancen für den Standort Österreich verbunden. Denn Betriebe können auch positiv betroffen sein, wenn sie (Investitions-)Güter herstellen, die andere Wirtschaftssubjekte bei ihren klimabedingten Verhaltensänderungen in der Produktion oder im Konsum brauchen. Dabei ist insbesondere an die öffentlichen Investitionen zu denken, die für österreichische Unternehmen beträchtliche Auftragschancen mit sich bringen werden. Ein wichtiger Punkt ist auch Nachhaltigkeit als Managementprinzip. Denn neben einer starken Strategie braucht es die richtigen Ziele – und das richtige Mindset. „Wer heute strategisches Management betreiben will, der wird zwangsläufig auch gleichzeitig nachhaltiges Management betreiben müssen", so Hoffmann. "Keine zukunftsträchtige Unternehmensstrategie kann dieses Thema ausblenden.“
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Der Grund, warum Unternehmen auf Energieeffizienz setzen, ist nicht bloß Gutmütigkeit. Hohe Energiekosten und neue EU-Regulationen spielen hier eine große Rolle. Auch dass immer mehr Endkunden Wert auf Nachhaltigkeit legen, sind ein Beweggrund.
Laut der Technischen Universität Wien macht die produzierende Industrie in Industrieländern ca. 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs aus. Das Einsparpotenzial liege – je nach Sektor – bei 30 bis 65 Prozent. Das Potenzial liegt hier einerseits in einer Optimierung der Produktionsprozesse, andererseits in einer Optimierung der Produktionsinfrastruktur.
Um die Energieeffizienz industrieller Anlagen zu steigern bzw. zu optimieren, sollten mehrere Ansatzpunkte in Betracht gezogen werden: die Gebäude selbst, gebäudetechnische Anlagen, aber eben auch Maschinen und Produktionsprozesse.
Die wissenschaftlichen Untersuchungen der TU Wien weisen folgende Ziele auf, um in diesen Bereichen die Energieeffizienz zu steigern: Minimalisierung der Abwärmeproduktion, Abwärmenutzung, Optimierung der Produktionsprozesse und Optimierung der Stand-by Lasten.
Mondi Frantschach, der Kärntner Produktionsstandort des internationalen Verpackungs- und Papierherstellers Mondi, investiert 20 Millionen Euro in nachhaltigere Produktionsbedingungen. Mithilfe der neuen Anlagenteile gelingt es, die Zellstoffproduktion noch effizienter und nachhaltiger zu machen.
Die Modernisierung und Erweiterung der Eindampfanlage, die in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Maschinenhersteller Andritz erfolgt, erhöht den ausgekoppelten Wärmeanteil bei gleichzeitiger Reduktion der benötigten Frischdampf-Menge. Damit einher geht die Verringerung des chemischen Sauerstoffbedarfs um jährlich 140 Tonnen in der biologischen Abwasserkläranlage. Mondi Frantschach produziert bereits seit Jahren vollkommen energieau- tark und versorgt mit der überschüssigen Wärme aus der Zellstoffproduktion auch umliegende Gemeinden und Industriebetriebe.
Ausschlaggebend für die nun bekannt gegebene Investition ist auch die dadurch mögliche, noch effizientere Nutzung von Holz. Holz ist der wichtigste Rohstoff einer Zukunft, die auf erneuerbaren Rohstoffen fußt und ohne fossile Rohstoffe auskommt. Eine Schlüsselrolle spielt dabei Ressourceneffizienz. Mondi sieht sich als Vorreiter in der Bioökonomie, indem beispielsweise der Anteil der Nebenprodukte aus der Zellstoffproduktion erhöht wird. Im konkreten Fall wird der Anteil von Tallseife, welche in Zukunft unter anderem beispielsweise bei der Herstellung von Lacken, Klebstoffen oder Folien verwendet werden kann, von derzeit 18 kg auf 35 kg per Tonne Zellstoff erhöht. Die Inbetriebnahme der neuen Anlage erfolgt im Herbst 2023. Mondi Frantschach produziert vorwiegend Kraftpapiere, die beispielsweise für Lebensmittel, Baustoffe oder auch Futtermittel eingesetzt werden. Dabei bestimmt die Verpflichtung zur Nachhaltigkeit das gesamte unternehmerische Handeln. Im Rahmen des Aktionsplans MAP2030 hat das Unternehmen heuer angekündigt, bis 2025 alle Mondi-Produkte wiederverwendbar, recycelbar oder kompostierbar zu machen.
Um den Verbrauch an Ressourcen wie Wasser und Energie zu senken, hat Coca-Cola HBC Österreich in den vergangenen Jahren viel investiert – unter anderem in neue Maschinen und Anlagen, wie eine moderne High-Speed-Linie.
Diese Linie füllt 45.000 Glasflaschen pro Stunde ab, das sind mehr als zwölf Flaschen pro Sekunde. Dabei ist sie nicht nur eine der schnellsten Linien weltweit, sondern arbeitet dabei auch ausgesprochen energieeffizient.
Durch die modernen Linien und den verstärkten Einsatz von Luft zur Reinigung der Flaschen vor der Abfüllung konnte der Wasserverbrauch der Produktion deutlich reduziert werden. Darüber hinaus wurde bereits der erste Hochdruckkompressor für die Blasformmaschinen in den PET- Linien erneuert. Der neue Kompressor verbraucht je nach Betriebszustand und Auslastung zwischen fünf und acht Prozent weniger Strom. Der Strom für die Versorgung der Anlagen kommt zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen.
Wie Coca-Cola außerdem auf PET-Flaschen setzt, lesen Sie hier!
Mit einem eigenen Energiemonitoring-System verfolgt Coca-Cola HBC Österreich in Edelstal schon seit einiger Zeit den Erfolg seiner Energiesparmaßnahmen. Dieses System erfasste Produktions- und Verbrauchsdaten und ermöglichte es, den Energieverbrauch der einzelnen Linien zu analysieren und zu vergleichen. Zur Visualisierung der Produktionsdaten wird im Coca-Cola-Werk in Edelstal das Simatic WinCC V7 System von Siemens eingesetzt.
Für ein optimiertes Energiemanagement setzt das Unternehmen neuerdings auf den Siemens Simatic Energy Manager Pro. In nur zwei Monaten wurde auf das neue System umgestellt, inklusive der Einbindung der zahlreichen Verbraucher, die über Sentron PAC Energiemessgeräte erfasst werden. Die Verbrauchsdaten werden über ein Simatic ET 200SP System gesammelt und an den Simatic Energy Manager Pro übergeben.
Dabei sind neben den Messgeräten für die elektrische Energie auch Durchflussmessgeräte für die Erfassung des Wasserverbrauchs in das System integriert. Derzeit sind mehr als 100 Datenpunkte für die Messung des Stromverbrauchs sowie 17 Datenpunkte für den Wasserverbrauch in das System integriert, die minütlich abgefragt werden. Diese Daten werden mit den Produktionsdaten aus dem ERP-System verknüpft und erlauben so eine detaillierte Analyse des Energieverbrauchs und der Energieeffizienz, individuell für jedes produzierte Produkt.
Was passiert, wenn man sich nicht mit seinem Energiemanagementsystem befasst? Der Industrie-Software-Anbieter Pro-Alpha hat hier eine klare Meinung.
Dabei lassen sich auch neue Analysen und Dashboards jederzeit mit wenig Aufwand erstellen. Die Maßnahmen zusammen haben dazu beigetragen, dass Coca-Cola HBC Österreich seine CO2-Emissionen in Edelstal im Jahr 2019 auf 17,5 g pro Liter produziertem Getränk verringern konnte, 50 Prozent weniger als noch 2010. Zudem werden die Informationen aus Simatic Energy Manager Pro dazu genutzt, um die Instandhaltung der Anlagen zu verbessern und Energieverluste zu vermeiden.